go out of your ways


Das unerwartete Duo: Achim Kaufmann und Kalle Kalima „unplugged“ im b-flat Berlin (12. Juni 2017)

Bitte entschuldigt – ich liebe es zwar, Bilder von besonderen Konzerten zu machen, aber ich bin kein Fotograf. Eher so ein Fan von Handy-Schnappschüssen. Aber der Abend gestern ist hier ganz gut eingefangen, wenn auch nur grobkörnig.

Es war ein Kammermusik-Abend im Gewölbe-Keller des b-flat. Ein intimes, akustisches und intensives Duo. Natürlich war schon die Ankündigung spannend – Achim Kaufmann, der Pianist mit dem Herz für den feinsinnigen Humor von Herbie Nichols, der Improvisator in Bands wie Christian Lillingers Doppelquartett GRÜNEN oder auch Dejan Terzics MELANOIA, dieser immer etwas zurückhaltende Poet – im Duo mit Kalle Kalima, den man leicht für einen überdrehten Rockgitarristen halten könnte. Etwa bei den TENORS OF KALMA, seinem Trio mit Jimi Tenor, oder bei OLIWOOD, dem Trio das mit Oliver Steidle und Frank Gratkowski da weiter macht, wo ich in den 90ern aufhörte John Zorn zuzuhören.

Zwei großartige Musiker – aus ganz unterschiedlichen Ecken, dachte ich. Und lag wieder mal falsch damit: Natürlich haben sie schon 2013 miteinander gespielt, in der BERLIN SUITE von Gebhard Ullmann. Und merkten, dass sie wohl viel gemeinsam haben.

Da war es eigentlich gar nicht nötig, dass Kalle Kalima mit seiner neuen akustischen Gitarre auf die Bühne kam. Obwohl dieses „unplugged“-Setting genau richtig war für die pure Kammermusik-Atmosphäre dieses Abends. Keine Ablenkung: keine Show; aber jeder Ton zählt.

Beide sind auch als Komponisten bekannt, hatten Stücke aus ihren Repertoires zu diesem Treffen mitgebracht. Das brachte Achim Kaufmann manchmal richtig ins grooven, dann wieder übernahm Kalle Kalima eine Art Bass-Ostinato, über das das Klavier irgendwo zwischen Scarlatti, C.P.E. Bach und Coltrane´schen „Sheets of Sound“ improvisierte.

Ein Feuerwerk der Spannungs-Zustände und Klangfarben – Kalima schlägt aus der akustischen Gitarre Funken, doch das ist noch nicht der Inhalt seiner Musik: hat sich dass Ohr an den dichten Strom an Informationen gewöhnt, ist da eine tiefe Melodie, ein emotionaler Gehalt, der sich erst im Schlußakkord auflöst.

Ganz ähnlich bei Achim Kaufmann, der quecksilbrige Cluster aus dem Klavier kitzeln kann, aber eben bei aller Überschall-Geschwindigkeit doch die Musik formt und strukturiert wie der erfahrene Komponist, der er ist. Es ist manchmal vergleichbar mit dem Unterschied zwischen „kleckserei“  und den „Drip-Paintings“ von Jackson Pollock, „if you know, what I mean“.

Wenn das noch nicht deutlich wurde („what I mean“), liegt es daran, dass ich die Fülle an Eindrücken nicht wirklich gut zusammen fassen kann, auch nicht möchte. Ich fürchte, das würde diesem Duo nicht gerecht.

Sie sprachen davon, vielleicht das Duo auch aufzunehmen. Nach dieser Platte darf man also demnächst Ausschau halten. denn das kann ich schon sagen: aufregende Musik von zwei Meistern.

 

Über Kalle Kalima durfte ich vor kurzem ein Portrait für den Tagesspiegel verfassen, meinen Text verlinke ich hier.

 

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1 comment

  1. Tobias Richtsteig

    Warum eigentlich „Out Of Your Ways“? Als hätten Kalima und Kaufmann über ihre Schatten springen müssen – oder sowas.
    Das ist natürlich Unsinn – „grooven“ kann Kaufmann auch sehr wohl im Duo mit seinem alen Freund und Saxofonisten Michael Moore. Und Groove heißt: eine treibende Energie wie man sie wirklich Funk und guter Popmusik kennt. Wenn auch Achim Kaufmann sich nicht auf solche streng repetitiven Muster beschränkt – sondern eben in der Haltung „groovt“, aber mit freier improvisierter Musik eben.
    Immer noch nicht gut beschrieben?
    Man muss das auch wirklich selbst erleben…